Eines Morgens wurde ich wach und da war es wieder…
Nein, nicht der Drang weiterzuschlafen oder das dringende Bedürfnis das Porzellan aufzusuchen, sondern der Wunsch etwas NEUES zu erleben.
Na gut, zuerst musste ich wirklich dringend die „Schüssel“ besuchen aber das sei erst einmal dahin gestellt, bzw. gesetzt. JA, bei mir zu Hause NUR im sitzen. Aber ich schweife ab… wie immer.
Noch immer müde, matt, marode setzte ich mich auf meinen Stuhl vor meinen Aquarien. Hmmm… es ist immer wieder schön bei der morgendlichen Stulle, schwimmende Nahrung zu betrachten.
Nun aber fix unter die Dusche und den nächtlichen Siff runter spülen. Auch der Mund bedarf einer Bürste (ich hab da ne Andere für als die für die „Schüssel“).
Nach meinen morgendlichen „Verrichtungen“ schnappte ich mir Hoddie und Tasche und ging zwecks Auffüllung meines Koffeinspiegels in Richtung meine Stammcafe‘s. In mir rumorte es unbändig (ich meine meinen Kopf) und so vertiefte ich mich während meiner ersten bis dritten Tasse schwarzen Goldes in den Überlegungen eines Zieles.
Ich musste mir vorrangig darüber einig sein, ob ich diesmal ein Ziel im Leben oder ein Reiseziel vornehmen wollte…
Verdammich noch eins, was für eine Krux.
Nach ca. 5 Schalen des Heißgetränks, 2 bekritzelten Servietten und mittlerweile ein wenig, na gut sehr, erhöhtem Blutdruck nebst leichtem Zittern, fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren:
Mein nächstes Lebensziel ist eine Reise in den Urlaub.
Was für eine Erkenntnis, darauf konnte doch jeder Affe kommen, kam er ja nun auch endlich. Denn was sind wir denn Anderes als Affen? Nun, beim morgendlichen Blick in den Badezimmerspiegel schaut mich schon immer etwas stark behaartes, Affenartiges an. Trotz dessen habe ich NOCH kein Bedürfnis mich oder Andere zwecks der sozialen Bindung zu lausen.
Nach der grandiosen Idee eines Ausfluges, blieb mir nun wieder die Qual der Wahl des „WOHIN“.
Übersee? Inland? Nachbarländer? Meer? Berge?
Boa, was für eine Marter meines Hirns.
Um meine Gedanken zu sammeln und um das Zittern los zu werden ging ich erst einmal eine Runde spazieren.
Hier einmal ein kleiner Ausschnitt meiner Überlegungen während des Laufens:
Soll ich ans Meer fahren? An der Ostsee war ich schon so oft. Andererseits ist es das auch immer schön gewesen. Ich kam stets da zur Ruhe, außerdem kenne ich viele Strände, an den kaum Jemand ist.
Naja, ein Nachteil ist, dass mir hinterher immer noch ne Woche lang feiner, weißer Sand aus der Kimme rieselt und ich noch Monatelang den selben in der Wohnung habe. Ich fühle mich jedes Mal wenn ich von der Ostsee kam, als hätte ich etliche Kubikmeter Sahara mitgeschleppt.
Wie wäre es stattdessen mit einem Ausflug ins Gebirge?
Elbsandsteingebirge, Sächsische Schweiz vielleicht? Hmmm….
Aber was sagen meine Knie dazu? Schon bei dem bloßen Gedanken an die Auf- und Abstiege fängt mir die Lunge an zu pfeifen… Moment mal, das Letzte mal, als ich im Gebirge war habe ich noch 60 Kilo mehr gewogen und habe mehr gequalmt als nen Truppenübungsplatz nach 3 Wochen 40°C im Schatten. Mittlerweile ist das ja schon alle viele Jahre her und ich bin körperlich ein junger Gott… im Ruhestand, mit der Ausdauer eines Rentners.
Na gut, dann eben keine Berge.
Oder vielleicht eine Städtetour? Wie wäre es, wenn ich mal wieder eine Großstadt besuchen würde?
Berlin vielleicht? Ich müsste auch irgendwo noch zu Hause meinen Waffenschein zu liegen haben…
Das tolle Ambiente von versifften U-Bahn-Stationen, gepaart mit der permanenten Verfügbarkeit von Substanzen, welche dich die Stadt in den verschiedensten Farben sehen lassen, auch wenn der Block vor dem du dann gerade stehst nur aus grauem, bröckelndem Putz besteht.
Die weit angelegten Parkanlagen mit den freundlichen Menschen, die stets um dein Wohl besorgt sind und dir aus diesem Grund permanent Sachen anbieten, die du gar nicht kennst oder haben willst.
Ich weiß noch, als ich einmal auf einem großen Platz in Berlin war, haben mir ein paar nette Menschen sogar gegen eine unfreiwillige Gebühr das Tanzen beigebracht. Ach ja, das war toll…
Nicht zu vergessen die freundlichen Fahrradfahrer mit ihren fast antiken Rennrädern. Wenn du einmal für 1 cm den Fahrradweg betrittst, kann es sein, dass man in der Charite‘ wieder aufwacht.
OK Großstadt fällt definitiv aus!
Während meiner ganzen Überlegungen hatte ich komplett vergessen, dass ich ja auch Ziele im Leben mit in meine Gedanken mit einflechten wollte. Doch als ich so durch den Wald spazierte und kurz von einem grantigen Eichhörnchen, welches mich von einem Ast aus vollmeckerte, abgelenkt wurde, übersah ich eine frische Wildschweinsuhle und packte mich volle Möhre in die nach Schwein stinkende Jauche.
Nachdem ich mich aus der schlammigen Brühe wieder heraus gewühlt, meine Augen vom Dreck befreit und meine Brille aus der schwarzen Suppe gefischt hatte, kam mir ganz plötzlich die Erleuchtung:
ACHTSAMKEIT ist das Zauberwort.
Und ZACK hatte ich ein Ziel, welches ich verfolgen konnte.
Achtsamer sein und die Dinge genauer betrachten. Aufmerksamer durch die Gegend zu gehen, auf den Weg (im eigentlichen und übertragenen Sinne) zu achten und GANZ WICHTIG:
Erst stehen bleiben, wenn man Eichhörnchen beobachten will.
Mal so nebenbei erwähnt; es juckt wie sau, wenn so eine müffelnde Schlammpackung auf der Haut trocknet. Ein Vorteil ist, dass dich auf dem Heimweg aus dem Wald heraus keine Mücke belästigt. Sie kommen schlichtweg nicht durch die Kruste.
Mein Glück ist, dass ich direkt am Waldrand wohne, so dass mich nur zwei Spaziergänger sahen. Sie mussten wohl unwillkürlich an „Das Monster aus dem Sumpf“ denken.
Nachdem ich schlussendlich zu Hause ankam, popelte ich erst einmal die größten Dreckklumpen von meiner Kleidung und Haut. Ich hatte keine Lust, dass ich schon wieder den Spülwagen von „Gas, Wasser, Scheiße“ rufen musste, da sich der Abfluss meiner Badewanne wohl so zugesetzt hätte wie ein Enddarm nach 4 Wochen Reis-Schokolade-Diät.
Nach der Grundreinigung und mehrfachem Wasserwechsel, roch ich endlich nicht mehr wie ein Wildschwein und konnte mir endlich wieder Gedanken machen, wie ich denn eine ACHTSAME Reise unternehmen konnte. Vor Allem interessierte es mich, wie ich diese Haltung in mein sonstiges Leben integrieren konnte.
Ich dachte mir: Erst einmal etwas AUFMERKSAMER durch die Welt gehen und nicht wie bisher nur herum stolpern.
Das ist eine sehr wichtige Sache, da es mich schon zigfach in Leben, sehr hastig in die Waagerechte gehauen hat, sprich ich über Dinge gefallen bin, welche entweder nicht da waren (mit Schleuderschuh im Schmetterlingsschritt) oder durch das nicht Durchschauen von Menschen und sich selbst, emotional gefallen bin. Das ALLES hätte man verhindern können durch mehr ACHTSAMKEIT!
Sei es drum, nun war sie ja da, die Erleuchtung, im Wald, im Dreck.
Nach dieser ganzen Geschichte kam ich zu dem Entschluss, dass ich gar nicht weit weg reisen musste um NEUES zu erleben. Ich musste einfach das was ich hatte, hier vor meiner Tür, NEU erleben. ACHTSAM mit MIR und meiner Umwelt umgehen! AUFMERKSAM durch meine Welt gehen!
Ach wie fein, das schont meinen mottenzerfressenen Geldbeutel und lässt mich endlich das Leben als das sehen, was es ist.
Meine Gedanken kehren gerade in das Hier und Jetzt zurück, da höre ich ein Geräusch aus dem Wohnzimmer, laufe los, schaue hoch und…
BÄM!!!
… liege ich mit dem Gesicht auf dem Laminat.
Verdammte Scheiße, wo kommt dieses verschissene Eichhörnchen her?…………..
Wenn euch diese Geschichte gefallen hat, schaut euch doch einmal das Buch “Dies, Das und Anderes auch noch” an.
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Bis in Bälde
Euer Wörterschmied
Martin Nicklas